Nokia Cardphone 2.0 und TBS Communique

(01.07.2004 00:00 CET)

Das Warten auf das GSM-Jacket für den iPAQ ist für einige Zeitgenossen (so z.B. mich) eine lange und beschwerliche Angelegenheit. so schön die mobile Datenkommunikation via Handy auch ist, alles in einem (und eins für alles) wäre noch schöner. Ich hatte mittlerweile sogar schon meine Augen in Richtung Nokia 9210 geworfen (das soll einige Zeit früher erscheinen als das GSM-Jacket), aber eine viel interessantere Lösung hat sich ganz überraschend abgeboten:
Nokia, Hersteller von Mobiltelefonen und Datenprodukten, hat schon länger eine PCMCIA-Karte im Programm, die mit ausklappbarer Antenne und einsetzbarer GSM-SIM-Karte die Datenkommunikation quasi intern regelt. Auf dem Display des Notebooks sieht man dann einen kleinen Statusbildschirm, der Feldstärke, neue Textnachrichten und den Netzbetreiber angibt.

Mit der neuen Generation , dem Nokia Cardphone 2.0, hat Nokia zwei wichtige Weiterentwicklungen integriert: Die Möglichkeit, auch Sprachtelefonie zu nutzen, also mit einer gesondert erhältlichen portablen Freisprecheinrichtung ("Knopf im Ohr") normal zu telefonieren, und den High-Speed-Zugang HSCSD.

Soweit schön. Leider haben PCMCIA-Karten die Eigenschaft, daß sie für das jeweilige Betriebssystem, auf dem sie verwendet werden, einen speziellen Treiber brauchen, und genau da hat Nokia leider für Windows CE noch keine Ambitionen gehabt (Update dazu siehe unten!). Wie (fast) immer ist der Linux-Benutzer im Vorteil: In der Linux-Variante für den iPAQ ist der entsprechende Treiber schon implementiert.
Bis vor einer Woche also der klassische Fall der zwei Königskinder, die zueinander nicht kommen konnten.
Die englische Firma TBS Ltd hat nun in der vergangenen Woche ein Softwarepaket auf den Markt gebracht, was genau dies Lücke schließt. Communique beinhaltet den Kommunikationstreiber für Cardphone 2.0 und iPAQ (ohne diesen Treiber meldet der iPAQ beim Einlegen der Karte irgendwas von "Treibernamen eingeben für: Fremde serielle Karte in Slot 1"), den Dialler, eine Applikation die auf Pocket Outlook aufbauend in Verbindung mit der Freisprecheinrichtung die Telefonie übernimmt und den Outlook Manager, der als Plugin in Outlook das Senden und Empfangen von SMS (Kurzmitteilungen) ermöglichen soll.
Nachdem jetzt die Königskinder auch eine Fähre haben, lohnt sich ein Blick auf die Funktionalität des ganzen:

Allgemein:
Das Gesamtpaket läuft relativ instabil und nicht vollkommen zufriedenstellend. Kleinere Installationsprobleme, die ich hatte (der Dialler ließ sich immer nur durch Neukonfiguration der Karte starten) erledigten sich, nachdem ich mein Gerät eimal von Grund neu eingerichtet hatte, sind also eher auf Softwarefragmente im Hintergrund zu schieben. Der Service und Support von TBS sind unter aller Würde...

Der Dialler:
Der Dialler liefert auf dem iPAQ eine (grafisch recht unansehnliche, aber funktionale) Oberfläche mit Wahlfeld (also normaler numerischer Tastatur), der Möglichkeit, auf 12 Schnellwahltasten die wichtigsten Rufnummern zu legen und per großer Eintasten-Wahl zu wählen (zur Not auch mit den Fingern....). Anrufe können so problemlos gemacht werden, allerdings muß dazu die Freisprecheinrichtung angeschlossen sein. Da die Telefonie des Nokia Cardphones eine interne Umsetzung in der Karte ist, kann nicht auf Mikrofon und Lautsprecher des iPAQ umgeschaltet werden. Aber auch nicht so schlimm, denn seit 01.02.2001 befinden wir uns ja sowieso unter der großen "Wer bei der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, der zahlt DM 60,-"-Überwachung....

Der Benutzer wird auf eingehende Anrufe in der FSE durch einen Klingelton, über den Lautsprecher des iPAQ durch wiederholtes Abspielen des Alarmtones aufmerksam gemacht.
Ärgerlich und entnervend ist es, daß der Alarmton des iPAQ auch weiterdüdelt, wenn der Anrufer aufgelegt hat (man also einen Anrif "aussitzen" will).
Die Nummer (soweit mit übertragen) erscheint auf dem Display des iPAQ samt zwei Buttons "Answer" und "Decline", die die Funktionalität der beiden Hörer-Tasten eines normalen Handies innehaben. Nebenbei kann man dann noch Buch über die gesendeten und empfangenen Gespräche führen, selbstredend auf alle Kontakte im Adreßbuch des iPAQ zugreifen, etc.

Alles in allem eine runde Sache. Sicherlich keine ultimative Telefonlösung (dazu sind iPAQ und PCMCIA-Jacket auch einfach zu klobig), aber in der Kombination des iPAQ mit den Datenübertragungsfunktionen des Cardphones nett, daß man es nutzen kann.
Wenn ich auf eMails warte, dann mache ich es schon mal so, daß ich das Handy (mit Twin-Card, also der selben Nummer wie das Cardphone) ausschalte, den iPAQ samt Cardphone einbuche und per Freisprecheinrichtung nutzze. Im Auto z.B. durchaus akzeptabel!


Wählverbindungen und Betrieb mit anderen Programmen:
Communique installiert für den iPAQ zwei neue virtuelle Schnittstellen (die Bezeichnungen können zwischen Systemen variiren, wenn schon andere Kommunikationstreiber installiert sind!): einen Port für die PCMCIA-Karte ("Direct to NCP2")., meistens COM4:, und einen allgemein für Wählverbindungen und andere Programme (wie z.B. BFax) ansprechbaren ("Controller Port"), meistens COM8:
Für den iPAQ ist das Cardphone ein ganz normales Modem und wird bei der Einrichtung einer Modemverbindung auch genau so angesprochen. Wo man vorher als Modem "Infrarotanschluß" ausgewählt hat, jetzt einfach "Nokia Cardphone" und alles andere wie gehabt. Natürlich auch die HSCSD-Einstellungen, denn das Cardphone kann ja per Kanalbündelung höhere Datendurchsätze erzielen.
Somit steht also der Nutzung des Internets, WAP und EMail nichts im Wege!
Ein weiterer, wichtiger Punkt für eine All-in-one-Kommunikationslösung ist die Möglichkeit, Faxe zu versenden. BFax (leider mittlerweile nicht mehr offiziell von BSquare vertrieben) funktioniert damit einwandfrei. Ein kleiner Haken: BFax braucht den Controller Port. Hat man einmal eine Verbindung zum Internet aufgebaut, ist dieser Port (warum auch immer) deaktiviert. Einzige Chance ist dann ein kurzer Reset des iPAQ. Lebt man mit diesem Manko, dann kann man ohne Probleme Faxe versenden und empfangen (wenn der Netzbetreiber es zuläßt).

Der Outlook Manager (SMS):
Soll ich jetzt unflätig werden und still in meiner Wut schwimmen? In der mir als produktive Version verkauften Version von Communique ist leider davon NICHTS zu finden. Weder im Handbuch, noch in Outlook selbst. Und das auf der Website beschriebene Verfahren "Handynummer statt email-Adresse eingeben..." funktioniert nicht. Irgendwas ist da faul.
Mittlerweile habe ich viermal mit TBS in England telefoniert, immer mit dem Ergebnis, man würde mich innerhalb einer Stunde zurückrufen. Nada! Mehrere Mails sowohl an spezielle Ansprechpartner als auch allgemein an den technischen Support blieben allesamt unbeantwortet.
Ich habe im Moment keine Lösung, ich werde allerdings auch nicht lockerlassen.
Objektiv betrachtet bedeutet das Fehlen des Outlook-Managers nicht den größten Verlust, denn viele Leute verschicken sowieso keine oder wenig SMS (Ich habe mir sagen lassen, nach der Pubertät soll es nachlassen.... ;-D))). Für mich ist es richtig ärgerlich, denn ich bekomme pro email eine Benachrichtigungs-SMS. Diese kommt dann zwar an, wenn das Cardphone eingeschaltet ist, wird auch auf der Karte gespeichert, aber ich sehe sie nicht. Erst wenn ich das Carphone ins Notebook lege, bekomme ich dann einen Hinweis. Meineserachtens ein erschreckendes Beispiel von fehlendem Kundenservice!

Nachtrag am 07.02.2001: Mittlerweile habe ich dann doch mal jemanden bei TBS ereicht, und es wird im Moment ein Update vorbereitet und in den nächsten Tagen verschickt, was genaus das Problem anpacken und lösen soll. Watch this Space!

Nachtrag am 09.02.2001: Das Update war ein reines Update für den englischen Mobilfunkbetreiber Orange. TBS arbeitet im Moment am Outlook Manager für den iPAQ, weil Probleme am proprietären Format des Outlook-Posteingang bestehen. Man hofft, bis zum 26.02.2000 die produktive Lösung verschicken zu können.

Nachtrag am 17.02.2001: Mittlerweile hat Nokia eine Betaversion des Treibers in seinem Developer-Forum veröffentlicht. Die Version ist zeitlich begrenzt, soll aber vor Ablauf durch eine neue ersetzt werden. Wenn das System meldet, man müsse angemeldet sein, einfach dem Link Registration folgen, Benutzerdaten eingeben und schon ist man drin. Im Test sieht es prima aus. Die CE-Variante des Nokia-Treibers orientiert sich an der PC-Version, man kann ein Statusfenster mit Netzbetreiber, Signalstärke und konfigurierter Geschwindigkeit anzeigen. Des weiteren liefert dere Treiber einen Modemtriber für CE, der ohne Probleme von DialUp-Connections und Faxprogrammen wie BFax verwendet werden kann. Im Gegensatz zum manchmal ein wenig wackeligen Betrieb von Communique ist die Beta schon absolut stabil. Schön ist, daß die SMS-Funktionalität direkt integriert ist, also auch ankommenden SMS direkt angezeigt werden und ein Versand per integriertem Programm möglich ist.

Schade ist allerdings, daß bisher keine Möglichkeit der Sprachtelefonie besteht, d.h. es muß auf Lösungen wie den Dialler von Communique zurückgegriffen werden. Ich denke aber, daß dies im Zuge der Weiterentwicklung der Software noch aufgenommen werden wird.

Nachtrag am 01.03.2001: Die Release-Version steht im Developers Forum von Nokia, allerdings ohne Sprachtelefonie. Dafür gibt es jetzt mobile_i!

Preis:

Cardphone (ohne Vertrag) ca. DM 700,-; Communique GBP 35,-

Fazit:

Integrierte Lösung. Kein Telefon, aber ein Kommunikationsgenie mit Telefonie-Möglichkeiten. Nicht supergünstig, aber gerade für Nutzer mit Notebook neben dem iPAQ durch die Verwendbarkeit auf beiden Systemen lohnenswert.

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